Mit dem ADFC Oberhausen auf Info-Radtour (Bericht + Bilder)

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Mit dem ADFC Oberhausen auf Info-Radtour (Bericht + Bilder)

Beitragvon VeloC » 23.02.2015, 15:49

… zur Verlängerung der Straßenbahnlinie 105

Nicht nur im Norden kann man sich über den möglichen Bau einer neuen Straßenbahnlinie heftig streiten. Während jedoch in Hamburg das Thema nach dem Ergebnis der Bürgerschaftswahl auf Jahre hinaus beerdigt sein dürfte, ist es im westlichen Ruhrgebiet höchst lebendig. Hier geht es auch nicht um die Einführung eines komplett neuen Verkehrssystems, sondern um eine Erweiterung des bestehenden. Eine aus Olafs und meiner Sicht sehr wichtige Erweiterung: Die geplante Verlängerung der Essener Straßenbahnlinie 105 soll einen schnellen und komfortablen Direktanschluss der Stadt Essen an die Neue Mitte Oberhausen herstellen. Diese umfasst nicht nur das riesige Einkaufszentrum CentrO, sondern auch den angrenzenden Businesspark, ein Musicaltheater, ein Multiplex-Kino, die Köpi-Arena, das stets überfüllte SEA LIFE Center, das Freizeitbad AQUApark, die Spionageausstellung "Top Secret", Klettergarten, Marina und last not least den weit überregional bekannten Gasometer. Aktuell endet die Linie an der Oberhausener Stadtgrenze:

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Am Gasometer soll der 3,3 km lange neue Abschnitt an die bestehende Trasse angeschlossen werden, auf der es dann im Wechsel zum Oberhausener Hauptbahnhof und nach Sterkrade weiterginge. Ganz billig wird der Spaß nicht: Die Investitionskosten für die geplante, vollständig barrierefreie Hochtrasse werden auf 80 Mio. Euro veranschlagt, von denen Bund und Land jedoch 90 % übernehmen würden. Bei einem errechneten Nutzen-Kosten-Indikator von 2,04 gab es da kein Zögern. Allerdings sind die verbleibenden rund 14 Mio. Euro (einschließlich der Anschaffungskosten der zusätzlich erforderlichen Niederflurbahnen) für eine hochverschuldete Stadt wie Oberhausen keine Peanuts. Auch die auf 300.000 Euro jährlich (30-Jahres-Durchschnitt, am Anfang eher höher) veranschlagten Folgekosten dämpfen bei manchem Bürger, vor allem, wenn er sich nicht als potentieller Nutzer sieht, doch stark die Begeisterung. Der in Oberhausen regierenden Ampelkoaliton wurde es daraufhin mulmig, so dass sie beschloss, die Entscheidung über das Projekt kurzerhand an die Wähler abzuschieben: Am 8. März findet ein Bürgerentscheid statt.

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Bis dahin trommeln Befürworter und Gegner engagiert für ihre jeweilige Position. Die ADFC-Kreisverbände Essen und Oberhausen/Mülheim unterstützen das Projekt als einen wichtigen Beitrag zu einem zukunftsfähigen Verkehrskonzept. Zur Zeit wälzt sich jeden Werktag aus allen Richtungen eine gewaltige Blechlawine zur Neuen Mitte, so dass sich dort im Berufsverkehr sowie praktisch den kompletten Samstag hindurch außer den aufsteigenden Abgaswolken häufig nicht mehr allzu viel bewegt. Der Rückstau reicht bis in die Stadtmitte und auf die A42. Die Radfahrer würden auch ganz direkt profitieren, da beim Bau nebenbei eine Lücke im vorhandenen Radroutennetz geschlossen werden soll – dies betrifft auch meinen Arbeitsweg. Grund genug für den Oberhausener ADFC, eine Info-Radtour zum Projekt anzubieten. Grund genug für Olaf und mich, trotz fehlender Stimmberechtigung dabei zu sein!

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Um 11:00 trifft sich am Oberhausener Hauptbahnhof bei grauem Himmel und feuchter Kälte ein zunächst noch sehr überschaubares Grüppchen. Burkhard Schmidt (blaue Jacke), Sprecher des ADFC Oberhausen, leitet die Tour. In gemütlichem Tempo fahren wir zur Essener Stadtgrenze. Unterwegs dürfen wir ein paar sehr merkwürdige Konstruktionen von Radverkehrsanlagen besichtigen, u.a. einen auf einer Straßenseite durch Stahlpoller abgeteilten schmalen Radweg. Sind wir wilde Tiere, vor denen die Autofahrer geschützt werden müssen, oder war das mal umgekehrt gut gemeint? Auch die zahlreichen Bettelampeln sägen an den Nerven: Die Oberhausener Radfahrer müssen ein sehr tolerantes Völkchen sein, die Stadt bundesweit auf Platz 7 der Großstädte (NRW: Platz 2) im Fahrrad-Klimatest gewählt zu haben! Der örtliche ADFC hat jedenfalls weiterhin keine Langeweile, obwohl schon eine Menge Verbesserungen umgesetzt wurden. Auf der alten Bahntrasse an der Knappenhalde ist dagegen wieder entspanntes Fahren möglich:

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Viel zu früh sind wir an der aktuellen Endhaltestelle der Linie 105 und gönnen uns beim dortigen Italiener erstmal einen Cappucino zum Aufwärmen. Kurz vor 12:00 stößt Bernhard Klockhaus dazu. Er leitet die Projektgruppe ÖPNV beim Oberhausener Stadtplanungsamt und ist als Experte für die geplante Baumaßnahme eingeladen. Statt des erwarteten Verwaltungs-Bürokraten – man hat ja so seine Vorurteile – steht ein handfester Praktiker vor uns, der sämtliche Fragen kompetent und verständlich beantwortet. Draußen hat sich inzwischen eine große Gruppe interessierter Bürger gesammelt, womit wir nun insgesamt über 30 Leute sind. Befürworter, Gegner und Skeptiker sind bunt gemischt, und es entsteht eine rege Diskussion. Auch Radio Essen ist vertreten. Pünktlich zum Gruppenfoto kommt sogar eine Straßenbahn angefahren.

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Jetzt beginnt die eigentliche Tour entlang der geplanten Strecke. Für die Radfahrer würde es bereits auf der Essener Straße nach dem Umbau deutlich besser aussehen. Schlechter wäre auch schwierig:

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Die Bahnstrecke müssen wir ein paar Hundert Meter weiter östlich überqueren, denn das Brückenbauwerk für die 105 gibt es noch nicht. Die erforderliche Höhe von 9 m macht das ganze Projekt so teuer, aber ebenerdig geht es eben nicht. Die Gleise gehören zu einer hochfrequentierten Strecke im Personen- und Güterverkehr, an deren beschrankten Übergängen man gern mal 10 Minuten Wartezeit aufs Auge gedrückt kriegt.

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Unterhalb erstreckt sich das schon vor vielen Jahren erschlossene, aber immer noch nicht erfolgreich vermarktete ehemalige Stahlwerks-Gelände. Was gab es hierfür schon hochfliegende Pläne; der Gläserne Mensch war wohl der spektakulärste. Inzwischen wäre man schon froh, wenn sich deutlich kleinere, dafür seriöse Investoren finden würden. Für die wiederum wäre ein vorhandener ÖPNV-Anschluss ein durchaus zugkräftiges Argument.

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Ab dem Musicaltheater soll die neue Straßenbahn parallel zu der bestehenden Bahnlinie fahren. Dafür würde die DB-Trasse verbreitert, dort wo heute noch ein Zaun steht.

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Inzwischen sind Olaf und ich so durchgefroren, dass wir uns kaum noch auf den Rollern halten können. Ein Glühwein wäre jetzt gut! Noch ein Stopp zwischen CentrO und SEA LIFE Center, wo ebenfalls ein Bahnhof eingeplant ist:

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Schließlich endet die Tour am Gasometer, der mit der neuen Linie erstmals seit der Oberhausener Landesgartenschau 1999 wieder eine eigene Haltestelle bekäme. Eine abschließende Umfrage von Radio Essen zeigt, dass offenbar viele Bedenken ausgeräumt werden konnten; die Befürworter sind jetzt deutlich in der Mehrheit. Dann hoffen wir mal, dass der Bürgerentscheid am 8. März ebenso ausgeht!

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Bilder von Olaf
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Beitragvon Helmut » 27.02.2015, 22:44

Auch der Kreisverband Oberhausen-Mülheim des ADFC berichtet über seine Tour und hat auf VeloCs Bericht hier verlinkt.

http://www.adfc-nrw.de/kreisverbaende/k ... -muelheim/
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
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Beitragvon VeloC » 08.03.2015, 20:22

Aus.

Das war es dann wohl für lange, lange Zeit mit den Entwicklungschancen im westlichen Ruhrgebiet. Tolles Signal an bis dato vielleicht doch noch interessierte Investoren. Danke an die rot-gelb-grüne Feiglingstruppe im Oberhausener Rathaus!

:mad:

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